Eichstetter Rathaus: Gemeinde Eichstetten

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Herzlich Willkommen
in Eichstetten
Rathaus mit Kirchturm

Eichstetter Rathaus

Laube, Stube und Rathaus

Viele der Alltagsgeschäfte haben die Dorfvorgesetzten früherer Zeiten, die Vögte und Stabhalter, wahrscheinlich zu Hause erledigt. Aber der Gemeinde gehörte auch ein repräsentatives Gebäude, in dem jedenfalls die besonderen Rechts- und Verwaltungshandlungen vorgenommen wurden. Weil dabei allerlei Umtrunke und „Zehrungen“  üblich waren, lagen diese Amtsräume unter einem Dach, mit einer gemeindlich betriebenen Gastwirtschaft. Im alemannischen Raum gab es solche „gemeinen“ Stuben seit etwa 1500 in sehr vielen Dörfern. Ursprünglich hatten die Gemeinden ihre Rechtsgeschäfte unter freiem Himmel getätigt, oft auf dem Kirchhof. Den Platz für Vogt, Gerichtsmänner und herrschaftliche Amtsleute pflegte man mit einer leichten Überdachung aus Holz und Zweigen zu versehen. Später erhielten diese „Lauben“ feste Pfeiler und Bögen aus Holz oder gar Stein; sie blieben aber immer nach außen geöffnet.

Erstmals wird 1424 erwähnt, dass der Vogt Haman „ze Eistat under der Louben“ zu Gericht saß. „Under der Louben“ und „under der Gerichtslouben“ heißt es auch 1435 und 1439.  Durchaus vorstellbar ist, dass der Marktflecken Eichstetten sich schon damals ein größere steinerne Laube leistete, unter der auch Waren ausgelegt werden konnten. Wenig später scheint sich eine bauliche Veränderung ergeben zu habe. 1447 nämlich traten Vogt und Gericht  „ze Eystatt in der Stuben uff der Louben „ zusammen. Demnach war das Gebäude im Erdgeschoss als offene Laube ausgebildet, ein zweites Stockwerk dagegen als beheizbare Stube. Offenbar tagte das Gericht nun dort, während die Laube vielleicht Markt- oder vorratszwecken diente. Spätestens 1469 diente die Stube auch als Wirtshaus.  Eine Berainserneuerung wurde damals vorgenommen bei dem „erbarn, bescheiden Hansen Lüben, dem Wirt hier in der Stuben“. Vermutlich hat die Gemeinde diese Wirtschaft bereits damals verpachtet. Eichstetten hätte damit - nur wenig später als etwa Kiechlinsbergen und Ebringen, - eine der am frühesten belegten Stuben(-wirtschaften) im Breisgau vorzuweisen.

In den Pfarrurbaren von 1451 und 1491 wird das „Räthuß“ oder das „gemeine Dorfs Huß“ in der Nähe des Pfarrhauses lokalisiert. Hier wird deutlich, dass es sich wirklich um ein gemeindeeigenes Gebäude und nicht etwa um ein herrschaftliches  Amtshaus  handelte. Auch läßt sich daraus schließen, dass schon um die Mitte des 15. Jahrhunderts die enge Nachbarschaft von Kirche, Pfarrhof und Rathaus/Stube das Ortszentrum im Unterdorf prägte.

Einer „gemeinen“ Stube begegnen wir dann erst wieder 1567, als die Urbarerneuerung der Herrschaft öffentlich verkündet wurde. Den heute noch vorhandenen Renaissancefenstern nach zu schließen stammen Teile des jetzigen Gebäudes aus dieser Zeit. Vermutlich hat man die Aufteilung in Rats- und Trinkstube (Obergeschoß)  und Marktlaube  (Erdgeschoß) beibehalten. Während des Bauernkrieges 1525 standen zwei von den Aufständischen erbeuteten Kanonen  „under der Louben“, was sicher auf eine eher wirtschaftliche Nutzung des Erdgeschosses hindeutet. Eine Planabbildung von 1587 zeigt auf der Westseite deutlich erkennbar eine große Toröffnung; sie und ihr östliches Gegenstück wurden bei den Umbauarbeiten 1995 zugemauert unter dem Putz entdeckt. Dieser Befund weist darauf hin, dass das Erdgeschoß wenigstens von zwei Seiten frei begehbar oder sogar befahrbar war.

Auch auf der Nordseite befanden sich innen die Reste gemauerter Bögen. Sie könnten bedeuten, dass auch im 18. Jahrhundert ein Teil des Erdgeschosses als offene Laube ausgebildet war. Bei der Renovierung 1995 wurde diese Bogenlaibung freigelegt und sichtbar gehalten.

Der östliche Teil des Unterdorfes um das Rathaus um 1587. Die Zeichnung ist nicht detail- und lagegenau ausgeführt, zeigt aber verschiedene Einzelheiten. Zu erkennen ist in der Bildmitte die „Stube“, das Rathaus, mit Westtor und Treppengiebel. Darüber die Kirche, und ebenfalls mit Treppengiebel, der „Amtshof“. Größere, ebenfalls mit Treppengiebel versehene Häuser deuten auf herrschaftliche Gebäude, vielleicht auch Wirtshäuser hin.

Große Teile dieses Renaissancebaues wurden im 17. Jahrhundert zerstört, angeblich sogar zweimal, im Dreißigjährigen und im Holländischen Krieg (1672-1679).  Belegt ist allerdings nur der letztere Fall. 1711 erwähnte die Gemeinde die Zerstörung vor dreißig Jahren, „in welchem Brandt…das schöne Rathauß oder gemeine Stuben herhalten müssen“. Es sollte noch fast 20 Jahre dauern, bis die Stube wieder all ihren Zwecken  genügend aufgebaut war. Erst 1729 hatte „die Gemeind Eystätten ihre gemeine Stuben also schön und wohl eingerichtet wieder hergestellet, daß man solche ein schönes Gebäu nennen kann, wie sich dann alda ein Kornhauß, um die Frucht einstellen zu können, eine große Lauben, um trucken darunter feyl zu haben und [eine] gemeyne Waag befündet“. Auch hier zeigt sich, dass man das Erdgeschoss in erster Linie zu Marktzwecken nutze, während die Gemeindegeschäfte in der Stube darüber getätigt wurden. Fraglich ist der Standort des erwähnten "Kornhauses"; vermutzlich stand bereits damals südlich hinter dem Rathaus eine Scheune.

Aus seinem Akkord, der 1729 mit Schreiner Zwahl geschlossen wurde können wir uns ein gewisses Bild vom Aussehen des Obergeschosses machen. Oben lagen zwei mit Holzgetäfelte Stuben, eine größere und eine kleinere, sowie die Küche. Die große Stube, die als Gast- und Versammlungsraum diente, enthielt „zwey lange Tafflen oder Disch auff den Seiten der Länge nach, nebenst einem Disch in der Mitte, rings um Bänckh undt umb die Säul [in der Mitte des Raumes] rings ein 6 oder 8 eckiges Kensterlin mit zwey Thürlin“. In der kleineren Stube, dem eigentlichen Amtszimmer, gab es „rings umb Bänckh undt zwey Disch“. Ein kleiner Anbau unten beherbergte das „Secret [Abtritt]“. Unten in der Laube stand unter anderem die Gemeindewaage, 1762 ein eiserner „Waag-Balcken“ mit hölzernen Schalen, dazu verschiedene Gewichten zwischen einem Zentner und einem halben Pfund. Die Waage wartete und bediente der jeweilige Stubenwirt; er erhielt dafür von den Kunden einen Geldbetrag. Ob auch die Eichmaße damals in der Laube aufbewahrt wurden oder schon im steinernen Eichhäusle, das im 19. Jahrhundert am Marktplatz bei der Ochsenbrücke stand, wissen wir nicht.

Wie in den Dörfern üblich, gab es in Eichstetten auch ein Bürgergefängnis. Dieses lag einem Bericht von 1789 unter der Stube, also im Erdgeschoß des Rathauses. Offenbar war es noch ungemütlicher als entsprechende Räumlichkeiten anderswo. Selbst die der Gemeinde gegenüber positiv eingestellten Amtsleute befanden damals, es sei „mehr einem Schweinestall ähnlich“. Man ermahnte die ortsvorgesetzten, „ein neues zu erbauen und dieses zugleich zu einem Armen-Hauß und bürgerlichen Gefängnis mit einem Ofen einzurichten“. Vor 1800 kam es dazu offenbar nicht mehr.

Die Stube war regelmäßig als Gastwirtschaft verpachtet; sie erhielt spätestens im 18. Jahrhundertauch ein Wirtshausschild „zum wilden Mann“. Ihre Geschichte als „gemeines Lehengut“ endete während der Revolutionskriege im Jahre 1797. Einem Bericht des Oberamts zufolge hatte die Gemeinde rund 9.000 Gulden Kriegskosten zu bezahlen; da ihr Vermögen sich aber nur auf 3.000 Gulden belief, erlangte sie die Erlaubnis, die Stube für 6.400 Gulden an den Kronenwirt Sexauer zu verkaufen - allerdings mit dem Vorbehalt des Rechts, dort weiter Gerichtssitzungen und Gemeindeversammlungen abzuhalten.

Danach hatte Eichstetten als eines der größten Dörfer in der Region bis 1865 kein Rathaus. 68 Jahre blieb dies so. Schon 1862 sollte das Anwesen zurückgekauft werden, unter anderem, weil die dahinter liegende Scheune der geplanten Kirchenerweiterung nach Westen im Wege stand. Die Gemeinde fand aber den von Stubenwirt Haßler geforderten Preis von 7.600 Gulden zu hoch; erst 1865 erwarb sie die „Stube“ für 7.000 Gulden. Die Scheune wurde nach dem Kirchenbau verkauft und abgerissen.

Das „Stuben“-Gebäude hieß nunmehr offiziell „Rathaus“ und erhielt zu unbekannter Zeit einen zweistöckigen Anbau im Süden. Als Gasthaus diente es nicht mehr. Im Obergeschoß wurde der Bürgersaal eingerichtet, im Großen und Ganzen dort, wo er sich auch heute wieder befindet. Die bisherigen Wohnräume der Wirtsfamilie wurden von der Gemeinde vermietet. Hier wohnte längere Zeit der Notar.

Das Erdgeschoß, dessen vorherige Einteilung wir nicht genau kennen, wurde 1872 umgebaut. Dort richtete man ein Ratszimmer und zwei Amtsräume ein, im Ostteil eine Wachtstube und den „Bürgerarrest“. Hinter der Bogeneinfahrt mit eisernem Gittertor auf der Ostseite stand die Feuerspritze. Der Eingang zum Rathaus lag auf der Straßenseite; zu ihm führte ein Steg über den offenen Dorfbach.

Nach einem weiteren Teilumbau 1887 wurden dann 1902 nochmals Pläne für eine grundlegende Umgestaltung vorgelegt. Vorgesehen war unter anderem eine Fassade im Zuckerbäckerstil der Gründerzeit, die von der Gemeinde zum Glück nicht bewilligt wurde.  Man entfernte nur im Erdgeschoß die Wacht- und Arresträume und schuf zwei neue Amtszimmer.

In dieser Gebäudegliederung wurde das Rathaus, von kleineren Umbauten abgesehen, fast 100 Jahre genutzt. 

1995 erfolgte eine grundlegende Renovierung, mit faktischer Entkernung des Gesamtgebäudes. Dadurch wurde eine völlige Neugliederung im Inneren des Gebäudes ermöglicht, entsprechend den Anforderungen an ein zeitgemäßes kommunales Dienstleistungsgebäude im 21. Jahrhundert. Dabei wurde besonders darauf geachtet, im äußeren Erscheinungsbild die mittelalterlichen Laubenbögen und den „Großraum-Charakter“ im Erdgeschoß wieder sichtbar zu machen; desweiteren sollten die die wesentlichen Elemente des Renaissancebaus in der ursprüngliche Gebäudegestalt beibehalten bzw. wieder hergestellt werden. Dem zusätzlichen Raumbedarf folgend wurde an der Südseite ein Anbau in neuzeitlichem Baustil, getrennt und trotzdem harmonisch in das Gesamtensemble eingebunden, hinzugefügt.

Der Text wurde erstellt von Helmut Schöpflin unter Verwendung von Ausführungen und Abbildungen in der Dorfchronik „Eichstetten – die Geschichte des Dorfes“ Bd. 1 (1996) und Bd 2 (2000), herausgegeben im Auftrag der Gemeinde Eichstetten am Kaiserstuhl von Dr. Thomas Steffens.